Echtzeit-Überwachung von Wasserfiltern in Wohnanlagen

Zusammenfassung

Trinkwasser wird immer knapper und ist aufgrund menschlicher Einflüsse zunehmend durch Verunreinigungen belastetet. Das führt zu über einer Million Todesfällen jährlich. Schlechte Wasserqualität gibt nicht nur in Entwicklungsländern Anlass zur Sorge, sondern auch in technologisch hochentwickelten Staaten wie den USA und China. Wasserfilter, etwa solche mit Aktivkohle oder Umkehrosmosemembran, sind eine Möglichkeit, die Trinkwasserqualität am Entnahmepunkt signifikant zu verbessern. Oft sind solche Filter durch Zertifizierungsbehörden für ein spezifisches Volumen zugelassen. Die tatsächliche Lebensdauer eines Filters hängt jedoch von vielen ortsspezifischen Faktoren ab und kann stark von der zertifizierten Lebensdauer abweichen. In diesem Artikel präsentieren wir Daten aus Experimenten zur Filterkontaminierung, bei denen bereits nach 1/5 des zertifizierten Filtervolumens eine Durchlässigkeit für organische Verunreinigungen festgestellt wurde. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Filterleistung mithilfe kostengünstiger Sensorlösungen in Echtzeit überwacht werden kann.

 

Wasserknappheit und Rückgang der Qualität

Nahezu zwei Drittel der Weltbevölkerung leiden pro Jahr mindestens einen Monat unter gravierendem Wassermangel. Die Wasserknappheit wird durch den Klimawandel und das Bevölkerungswachstum weiter verschärft. Wasser wird langsam nicht nur zur knappen Ressource, auch seine Qualität verschlechtert sich rapide. Folglich ist die Wasserqualität laut UNESCO eine der grössten gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Wasserqualität gibt nicht nur in Entwicklungsländern Anlass zur Sorge, sondern auch in technologisch hochentwickelten Ländern wie den USA und China. Eine neuere Studie weist darauf hin, dass sich die Verstösse gegen das US-amerikanische Trinkwassergesetz zwischen 1980 und 2015 mehr als verdoppelt haben. Die Studie berichtet weiter, dass im Jahr 2015 beinahe 21 Millionen US-Bürger: innen kommunales Trinkwasser bezogen, das gegen gesundheitsrelevante Qualitätsnormen verstiess. 


 


 

Häufige Arten der Wasserverunreinigung

Welche Schadstoffe machen unsere Meere, Flüsse, Seen sowie das Grund- und Leitungswasser am häufigsten unsicher oder gar unbrauchbar? Da die meisten Verunreinigungen auf menschliche Aktivitäten zurückgehen, ist dies von Region zu Region sehr verschieden und hängt von anthropogenen und umweltbedingten Faktoren und Einflüssen ab. Zu den häufigsten Kontaminanten gehören Bakterien, Viren, Düngemittel, Pestizide und Herbizide, pharmazeutische Produkte, Nebenprodukte aus der Verarbeitung fossiler Brennstoffe, Desinfektionsmittel und Schwermetalle. Einige dieser Verunreinigungen wirken sich nur gering auf die menschliche Gesundheit aus, andere hingegen sind hoch toxisch oder sogar tödlich. So schätzt man, dass unsichere Wasserquellen zu über einer Million Todesfällen jährlich führen.


 


 

Wasserfilter tragen zur Verbesserung der Wasserqualität bei

Idealerweise verhindern entsprechende Massnahmen im Vornherein die Kontaminierung unseres Trinkwassers. Dies wird jedoch in den kommenden Jahrzehnten zu einer enormen Herausforderung werden. Wasserfiltersysteme stellen unterdessen eine effiziente Alternative dar. In vielen Ländern der Welt wird Wasser durch die kommunale Wasserversorgung gefiltert und desinfiziert. Im privaten Bereich sind Filterlösungen für sauberes Trinkwasser oft dann erforderlich, wenn seitens der Gemeinde kein sauberes Trinkwasser bereitgestellt wird. Sie dienen zur Reduktion von Verunreinigungen, die zwischen den Wasserversorgungseinrichtungen und den Endnutzer: innen in die Leitungen geraten, oder dazu, Desinfektionsmittel herauszufiltern. Bei privaten Filtersystemen lässt sich unterscheiden nach Point-of-Entry-Filtern am Eingangspunkt (z. B. an der Hauptwasserleitung des Gebäudes) oder Point-of-Use-Filtern am Entnahmepunkt (z. B. unter dem Waschbecken bestimmten Haushaltsgeräten) (siehe Abb. 1). Die gängigsten Aufbereitungstechnologien im privaten Bereich sind Umkehrosmosemembranen, Aktivkohlefilter oder eine Kombination aus beiden. 

 

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Abbildung 1: Wasserzuleitung und Point-of-Use- bzw. Point-of-Entry-Filter im Schema

Aktivkohlefilter beruhen auf einem sogenannten Adsorptionsprozess. Dabei strömt das verunreinigte Wasser durch eine poröse Kohlenstoffstruktur (siehe Abb. 2A). Da die Van-der-Waals-Anziehungskräfte zwischen den unpolaren Kohlenstoffpartikeln und den unpolaren Schmutzpartikeln – beispielsweise organischen Verbindungen – stärker sind als die Kräfte, welche die Kontaminanten in der Lösung halten, lagern sich die Verunreinigungen an der Oberfläche der Kohlenstoffpartikel an (Adsorption), sodass nur sauberes Wasser zurückbleibt. Van-der-Waals-Kräfte wirken nur über sehr kleine Distanzen, daher ist für ein effizientes Filtrieren eine grosse Oberfläche erforderlich. Aus diesem Grund wird das Filtermaterial mit heissem Gas behandelt (aktiviert), um die Kohle zu reinigen und mikroskopisch kleine Poren darin zu erzeugen. So ergibt sich ein sehr grosses Verhältnis zwischen Oberfläche und Gewicht. Mit Aktivkohlefiltern (AC-Filtern) lassen sich Nebenprodukte von Desinfektionsmitteln und verschiedenen Chemikalien, darunter auch flüchtigen organischen Verbindungen, entfernen. Mit einer Spezialbehandlung der Kohle ist es auch möglich, andere Schadstoffe, etwa Schwermetalle, herauszufiltern.

 

 

 

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Abbildung 2: Aktivkohle- (A) und Umkehrosmosefilter (B)

Umkehrosmosefilter üben Druck (z. B. mittels Pumpe oder Kolben) auf das kontaminierte Wasser aus, um den osmotischen Druck zu überwinden. Dadurch wird das verunreinigte Lösungsmedium (hier die Wassermoleküle) durch eine feinmaschige, semipermeable Membran auf die Seite mit der „sauberen“ Lösung gedrückt. Die Schadstoffe bleiben zurück (Abb. 2B). Bei ausreichendem Druck entfernen Umkehrosmosefilter dank der feinen Maschen verschiedene anorganische und organische Verunreinigungen auf sehr effiziente Weise, selbst Keime wie Kolibakterien.8 Umkehrosmosesysteme filtern im Allgemeinen zwar effizienter als Aktivkohleanlagen, sind aber meistens teurer und erfordern eine Vorfiltrierung in Form von Sedimentfiltern und AC-Filtern, um das Verstopfen und sogenannte Fouling der Membran zu verhindern. 

 

Die Grenzen aktueller Filtriersysteme

Leider können sich nicht alle solche Filterlösungen leisten – oder sind sich der schlechten Trinkwasserqualität überhaupt bewusst. In den USA und China andererseits sind Heimfilterlösungen aufgrund einer Kombination aus schlechter Trinkwasserqualität und Misstrauen in die kommunale Wasserversorgung weit verbreitet. In einer kürzlichen Umfrage von NSF International, einer US-Organisation für öffentliche Gesundheit, berichteten 58 % der Befragten, dass sie Wasseraufbereitungssysteme verwenden. Die meisten der Befragten nutzten jedoch die im Haus, an den Waschbecken oder an Haushaltsgeräten vorinstallierten Filter. Das ist problematisch, weil Filter auf die Entfernung spezifischer Verunreinigungen ausgelegt sind und unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt werden sollten. Filteranbieter können ihre Produkte von anerkannten Organisationen wie NSF International, der Water Quality Association oder Underwriters Laboratories zertifizieren lassen, die für ihre Testzwecke Wasser mit einer definierten Mischung an Verunreinigungen verwenden und die Filterwirkung im Zeitverlauf prüfen. Daraus ergibt sich eine Volumen- oder Kapazitätsbewertung für jeden getesteten Filter, nach dem die Endverbraucher:innen die Filterpatrone ersetzen sollten. Dies ist zwar manchmal ein brauchbarer Indikator für den Filterwechsel, in vielen anderen Fällen ist er jedoch eher fragwürdig, weil die Filterlebensdauer in hohem Masse vom Einsatzort abhängt. Die Leistung ein und desselben Filters kann je nach Art und Konzentration der Verunreinigungen, pH-Wert und Temperatur sehr unterschiedlich sein. Daher ist es wahrscheinlich, dass Filter nicht zum richtigen Zeitpunkt gewechselt werden, sondern entweder zu spät (Sicherheitsrisiko) oder zu früh (Unwirtschaftlichkeit). 

 

Die Lösung: Echtzeit-Filterüberwachung und intelligente Filter

Die direkteste Lösung sind intelligente Filter, die die Wasserqualität überwachen und die Endnutzer:innen warnen, wenn das Ende des Filterlebens naht oder Schadstoffe durch den Filter gedrungen sind. Dieses Konzept wird im Experiment nachgewiesen, indem vor und hinter dem Aktivkohlefilter Wasserqualitätssensoren eingebaut werden (siehe Abb. 3), welche den gesamten organischen Kohlenstoff (auch TOC, „total organic carbon“) messen. Der TOC ist ein allgemeines Mass für die Kohlenstoffmenge in den (schädlichen und harmlosen) organischen Verbindungen im Wasser. Bei dem Versuch läuft kontinuierlich Wasser mit einem hohen Anteil an organischen Verunreinigungen durch den Filter. Anfangs meldet der hinter dem Filter integrierte Sensor sauberes Wasser, das frei von organischen Verschmutzungen ist (d. h. der Filter funktioniert ordnungsgemäss). Nach ungefähr 220 Litern detektiert der Sensor hinter dem Filter einen plötzlichen Anstieg der organischen Verunreinigungen, ein Hinweis darauf, dass der Filter saturiert und nicht mehr funktionsfähig war. Obwohl dieser spezifische Filter für ein Volumen von ungefähr 2'400 Litern Wasser ausgelegt ist, kann er schon nach nur 220 Litern verbraucht sein, weil der Kontaminationsgrad des Wassers relativ hoch ist (5 mg/l, was ungefähr 1–10-mal der erwarteten Konzentration im kommunalen Trinkwasser entspricht). Dieses Experiment führt zwei wichtige Punkte vor Augen: 

 

 

1.Das zertifizierte Filtervolumen ist tatsächlich nur ein sehr ungefährer Indikator für die Filterlebenszeit. Die reale Lebensdauer weicht wahrscheinlich davon ab und ist standortabhängig. 

2.Ein TOC-Sensor kann die Filterwirksamkeit überwachen und den nahenden Funktionsausfall in Echtzeit melden. 

 

Leider sind Sensoren und Instrumente zur Überwachung der Wasserqualität und des Kontaminationsgrades sehr teuer und platzbedürftig und somit für die Filterüberwachung im privaten Bereich bisher keine praktikable Lösung. Manche Filtriersysteme nutzen Zeitschaltuhren, Fluss- und Drucksensoren, um aus diesen Ersatzparametern mit mässigem Erfolg die Filtereffizienz abzuleiten. Derzeit gibt es jedoch keine intelligenten Wasserfilter für den Privatbereich, die die Leistung und Wasserqualität in Echtzeit überwachen könnten, so wie es bei der Überwachung der Luftqualität und Ventilation bei anderen Heimgeräten der Fall ist.

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Abbildung 3: Die Daten des vor dem Filter installierten Sensors sind schwarz, die Daten des Sensors hinter dem Filter sind grün.
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Abbildung 4: Herkömmlicher Filter vs. intelligenter Filter im Schema